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Jura Soyfer

Der Weltuntergang

2005

 

 

Die Inszenierung eines Werkes von Jura Soyfer steht unmittelbar in der Aufführungstradition des Ensemble 89, die schwerpunktmäßig durch die Beschäftigung mit anspruchsvoller, vornehmlich österreichischer Volkstheaterliteratur bestimmt ist. Bei dieser Produktion rückte damit eine besondere Facette der österreichischen Dramatik, nämlich jene des politisch engagierten und gesellschaftskritischen Volkstheaters, in den Mittelpunkt des Interesses.

 

"Der Weltuntergang" ist eine Mischung aus politischem Kabarett, Revue und Wiener Volkstheater, mit vielen bunten Szenen, gespickt mit Songs und Chansons und - trotz des ernsthaften Hintergrundes - kurzweilig und witzig. Jura Soyfer, der wache und hellsichtige Geist, sah das Inferno von Diktatur und Krieg schon in den frühen Dreißigerjahren sich am Horizont abzeichnen und kämpfte gegen die Ignoranz und die lähmende Apathie der breiten Massen an. 1936 packte er seine bittere Analyse - intelligent verschlüsselt und satirisch zugespitzt - in ein Theaterstück: Im "Weltuntergang" sind die Menschen allen Warnungen - in diesem Falle jenen des Wissenschaftlers Professor Guck - zum Trotz nicht imstande, den gegen sie selbst gerichteten Bedrohungen Einhalt zu gebieten. Eine Mischung aus Gleichgültigkeit, Verdrängung, blindem Egoismus und handfester Dummheit lässt die Menschen die anmarschierende Katastrophe ausblenden und munter weiter ihren Betätigungen und Geschäften nachgehen. Jura Soyfer meinte mit seiner Parabel vom auf die Erde zurasenden Kometen die drohende Vernichtung als Folge des nationalsozialistischen Wahnsinns. Der Brückenschlag in unsere heutige Zeit fällt allerdings nicht schwer: die im Stück beschriebenen Verhaltensmuster sind - allen zivilisatorischen Errungenschaften zum Spott - auch den Menschen des 21. Jahrhunderts in reichem Maße zu eigen...

 

Die Produktion des "Weltuntergangs" von Jura Soyfer war zweifelsohne die mutigste und anspruchsvollste in der Geschichte des Ensemble 89. Das Inszenierungskonzept folgte dem Gedanken, die einzelnen Szenen des Stückes - ohne nur oberflächliche, zeitgeistige oder plumpe Aktualisierungen vorzunehmen - möglichst subtil, abwechslungsreich und ironisch mit den Lebenswirklichkeiten und dem Erfahrungsrepertoire der Menschen im Hier und Heute zu verknüpfen. In sprachlicher Hinsicht wurde - wie schon beim "Alpenkönig" - eine Mischung aus Dialekt und Hochsprache gezielt dafür eingesetzt, um die unterschiedlichen gesellschaftlichen Milieus des Stückes zu charakterisieren und gleichzeitig den Farbenreichtum der Szenenfolge weiter zu unterfüttern. Letztgenanntem Aspekt dienten auch die eigens für diese Inszenierung komponierte und live dargebotene Bühnenmusik sowie einige andere Effekte, wie z.B. der "Flug" des Kometen Konrad durch den Zuschauerraum, über die Köpfe des verdutzten Publikums hinweg...

 

Im Anschluss an einige Vorstellungen fanden sogenannte "Publikumsgespräche" statt, bei denen interessierte Theaterbesucher die Gelegenheit hatten, gemeinsam mit Schauspielern und Regisseur das Stück noch einmal zu vertiefen, Revue passieren zu lassen, zu hinterfragen, zeitgeschichtliche Hintergründe zu erfahren und die aktuelle Relevanz von Soyfers Text zu diskutieren.

 

Der Regisseur des Stückes, Gotthard Bilgeri, wurde im März 2007 zum internationalen Symposium "Jura Soyfer auf Bühnen der Welt", das von der Jura-Soyfer-Gesellschaft in Memmingen abgehalten wurde, eingeladen. Er hatte dabei die Gelegenheit, den "Weltuntergang" des Ensemble 89 Hittisau als österreichischen Beitrag zum Symposium vorzustellen; die Präsentation stieß dabei erfreulicherweise auf lebhaftes Interesse seitens des anwesenden Fachpublikums.

Ensemble

 

 

Sonne Irmgard Bechter

Saturn Ewald Voppichler

Mars Walter Feurstein

Venus Brunhilde Bals

Mond Hermann Bilgeri

Konrad, ein Komet Heidi Hofer

 

Professor Guck, ein Gelehrter Michael Bartenstein

 

Telegraphen-Chanson Urs Schwarz

Vier Journalisten Urs Schwarz, Stefanie Hammerer, Inge Mennel, Markus Oberhauser

 

Ein Führer Gotthard Bilgeri

Photograph Christian Baldauf

 

Erste Modedame Patrizia Nenning

Zweite Modedame Helene Saltuari

 

Junger Mann Christian Baldauf

Mädchen Stefanie Hammerer

 

Erster Wiener Christoph Maurer

Zweiter Wiener Ewald Voppichler

 

Alte Jungfer Dagmar Steurer

Lora, ihr Papagei Christian Baldauf

 

Erster Diplomat Christoph Maurer

Zweiter Diplomat Urs Schwarz

 

Vier Beamte Gotthard Bilgeri

Uniformierter Walter Feurstein

Radiosprecher Stefanie Hammerer, Inge Mennel, Markus Oberhauser, Urs Schwarz

 

Weltuntergangsprediger Urs Schwarz

 

Straßensänger Heidi Hofer, Gotthard Bilgeri, Melchior Schwärzler

 

Dieb Peter Eberle

 

Erster Arbeiter Walter Feurstein

Zweiter Arbeiter Brunhilde Bals

 

Selbstmörder Peter Eberle

 

Wachmann Hubert Dorner

 

Mr. Rockford Georg Moosbrugger

Mrs. Rockford, seine Frau Patrizia Nenning

Mr. Wood, Schriftsteller Urs Schwarz

Winnie Winston, ein Filmstar Stefanie Hammerer

Journalistin Inge Mennel

Miss Violet, Rockfords Sekretärin Dagmar Steurer

 

Keyboard & Akkordeon Melchior Schwärzler

 

Inszenierung Gotthard Bilgeri

Bühnenbild Renate Ziegler

Kostüme Wilma Bilgeri, Agathe Kaufmann-Ruchti

 

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